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Gelöschtes Mitglied 78
Guest
In diesem Faden geht es um dieses Buch. Das wird einem ja quasi ständig empfohlen, vor allem unter Leuten die sich für Geld interessieren, auch wenn es darin nicht primär um Geld geht.
Hat jemand von euch das gelesen? Wie fandet ihr es?
Hab heute mal reingeschaut und fand es etwas affig. Das Vorwort ist ziemlich langatmig.
Ich stimme der Aussage, dass Fakten und Expertise überbewertet sind grundsätzlich zu, aber ich glaube er übertreibt es ein bisschen. Die Message ist irgendwie so, "ich bin so schlau, ich brauche gar kein Wissen mehr". Wenn Konzepte wie "Überkompensation" oder "Hormesis" freihändig auf die verschiedensten Lebensbereiche angewandt werden, dann ist das zwar eine schöne Heuristik, aber kein Ersatz für empirische Erkenntnisfindung.
Ziemlich am Anfang sagt er ja, dass es "antifragil" wäre, wenn Geschäfte viele Vorräte haben. Denn das verringert nicht nur die Krisenanfälligkeit, sondern sie können es bei einem Mangel auch teurer verkaufen.
Meine Meinung dazu: Vorräte sind nicht "antifragil" in dem Sinne dass sie von Volatilität profitieren, sondern sie sind "bearish". Von Schwankungen "nach oben" profitieren sie nämlich nicht, sondern nur davon wenn es bergab geht. Außerdem gehen mit Vorräten auch zusätzliche Kosten einher. Vorräte sind ökonomisch ineffizient. Eigentlich ist alles was ökonomisch effizient ist auch sehr störungsanfällig, und alles was nicht störungsanfällig ist ist ineffizient. Das ist einfach der Preis der Absicherung.
Das gleiche auch bei dem Beispiel, dass für einen Taxifahrer relativ egal ist was er für einen Ruf hat, aber für einen Buchautor nicht. Das extrapoliert er ja mehr oder weniger auf "blue collar"-jobs vs. "white collar"-jobs. Ja, als Bürohengst ist man für ein paar Risiken anfällig für die andere Berufe nicht anfällig sind. Dafür verdient man aber auch im Allgemeinen mehr Geld. Auch hier wieder: Preis der Absicherung.
Deswegen bin ich nach diesen Beispielen extrem skeptisch gegenüber diesem angeblichen Konzept der Antifragilität.
Bei der Stelle, wo er sagt, dass er nach der Finanzkrise Drohbriefe bekommen hat und deshalb Muskeln aufgebaut hat, und wo er seine unkonventionelle Trainingsmethode erklärt, also das kam mir schon etwas arg raineresk vor.
Dieses Buch wird ja so angepriesen, als wäre es lebensverändernd, lebensbereichernd, als würde es einen wirklich im Leben weiterbringen. Frage an die die es gelesen haben: Tut es das?
Ich habe den Eindruck, dass es eher ein Haufen Zeug ist, worüber man plaudern kann um intelligent zu wirken. So im Sinne von, "na habt ihr schon gewusst dass es im Altgriechischen kein Wort für Blau gab, und dass es auch in den Sprachen irgendwelcher Buschvölker kaum Wörter für Farben gibt, aber die trotzdem Farben unterscheiden können wenn man sie ihnen zeigt?"
Oder taugt das Buch für mehr als als Smalltalkthema?
Und jetzt wo ich 100 Seiten davon gelesen habe merke ich schon dass der Jutuber Luke Smith offenbar stark von diesem Buch beeinflusst wurde. Das steigert meinen Respekt vor ihm nicht gerade.
Also das Buch "Intellectuals and Society" macht ein paar ähnliche Punkte, finde ich aber bis jetzt besser.
Ich lese den Taleb jetzt erst mal nicht weiter. Vielleicht in ein paar Monaten wieder. Dann hole ich den Faden auch gerne wieder hervor.